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Der
persönliche Kontakt und Austausch mit den Familienangehörigen
wird hier genauso groß geschrieben wie die intensive
und auf das Kind zugeschnittene Begleitung der sterbenden
Kinder und Jugendlichen. So wird allen Familienangehörigen
ermöglicht, die letzte Lebensphase des kleinen
Patienten bewusst zu leben und zu erfahren. Die Voraussetzung
für die ganzheitliche Begleitung ist dabei auch
eine individuelle Schmerztherapie, die von einem erfahrenen
Kinderschmerztherapeuten betreut wird. Das kranke Kind
wird von den Mitarbeitern dabei als Persönlichkeit
betrachtet - nicht "nur" als Patient. So wird
ein gemeinsamer Weg beschritten, der vom ersten Kontakt
in der Krankheitsphase bis zur individuellen Lebensform
im Sterbeprozess führt. "Vorgestern starb
hier ein kleiner Junge", erzählt Ute Nerge,
immer noch sichtlich bewegt von dem Erlebten. "Eigentlich
hatten wir noch nicht so früh mit seinem Tod gerechnet.
Zu den Eltern und Geschwistern konnten wir schon während
mehrerer Betreuungsphasen einen sehr intensiven Kontakt
aufbauen. Als der Anruf kam, holten wir die gesamte
Familie zu uns, und sie konnten die letzten Stunden
mit ihrem Kind in einer friedlichen, ruhigen Atmosphäre
verleben und sich angemessen von ihm verabschieden."
Für Fälle, in denen sich der Gesundheitszustand
eines Kindes plötzlich und unerwartet verschlechtert,
steht in der Sternenbrücke immer ein Aufnahmezimmer
bereit und den Eltern und Kindern innerhalb weniger
Stunden zur Verfügung - rund um die Uhr. Und auch
in der Zeit nach dem Tod des Kindes werden die Angehörigen
aufgefangen. "Eine Mutter hat mir von ihrer Platzangst
erzählt. Ich weiß jetzt, dass ich nach dem
Tod ihres Kindes daran denken muss, im Abschiedszimmer
unbedingt den Sarg offen zu lassen
" In solchen
"Kleinigkeiten" zeigt sich die liebevolle
und dennoch absolut professionelle Anteilnahme und Betreuung
durch die Fachkräfte, die in speziellen Seminaren
für Trauerbegleitung geschult werden, bevor sie
ihren Dienst in den Räumen der Sternenbrücke
antreten dürfen.
Das Kinderhospiz Sternenbrücke ist ein Modellprojekt
für Norddeutschland, welches sich zu großen
Teilen aus Spenden finanziert. "Die Kosten für
den Aufenthalt des kranken Kindes werden zu 70 Prozent
von den Krankenkassen übernommen", erläutert
Geschäftsführer Peer Gent. "Die restlichen
30 Prozent sowie die Kosten für den Aufenthalt
der Angehörigen werden durch Spenden getragen,
sofern die Familien nicht in der Lage sind, selbst dafür
zu bezahlen." Die täglichen Kosten für
den Aufenthalt der gesamten Familie im Kinderhospiz
betragen rund 340 Euro, davon fallen 50 Euro auf die
Unterbringung der Eltern und Geschwister. Momentan ist
der Versuch einer Finanzierung auf Spendenbasis zunächst
zur Erprobung zeitlich begrenzt. Um alle Ausgaben zu
decken, wird die Sternenbrücke auf ein jährliches
Spendenaufkommen von rund 600.000 Euro angewiesen sein!
Die Faniels der Danielwelt haben schon einen Teil dazu
beigetragen: 500 Euro aus dem Treuhandkonto "Little
Paradise", gesammelt in zahlreichen Aktionen, gingen
letzten Herbst an die Stiftung Kinderhospiz Sternenbrücke.
Am 1. Mai reiste man mit weiteren 600 Euro im Gepäck
zum Tag der offenen Tür nach Hamburg-Rissen, um
weitere Sachspenden zu übergeben - besonders gern
gesehen sind Bücher und Spielzeuge für die
Geschwisterkinder. "Leider sind unsere kleinen
Patienten häufig schon zu schwach zum Spielen",
bedauert Seelsorger Uwe Sanneck.
Gaby Schiewe, Petra Heindl, Cornelia Kruse und Nina
Dorfmüller mit Trauerbegleiter Uwe Sanneck.
Ein
Kaffee mit dem Trauerbegleiter, ein Gespräch über
praktische Hilfestellung bei Todesfällen mit Pastorin
Annegreth Stoltenberg - und dennoch schlägt der
ernste Anlass in der von Tatkraft erfüllten und
dennoch entspannten Atmosphäre nicht aufs Gemüt.
Im Gegenteil: Es tröstet. Wir fühlen uns verloren
im Angesicht des Todes eines nahe stehenden Menschen.
Zum Schmerz über den unvorstellbaren Verlust kommt
die Hilflosigkeit - denn in unserer Gesellschaft sind
die Themen Sterben und Tod immer noch mit einem unausgesprochenen
Tabu belegt. Niemand bereitet uns darauf vor. Keiner
führt uns vor Augen, dass das Sterben zum Leben
gehört wie die Luft zum Atmen, dass jedem Beginn
das Ende bereits innewohnt. Früher, später,
plötzlich und unerwartet - oder nach langer Krankheit
gar als Erlösung herbeigesehnt. Hier in der Anlage
der Sternenbrücke ist der Trost fast greifbar.
Keine betretenen Gesichter. Keine verlegenen Lippenbekenntnisse.
Stattdessen Menschen, die den Tod erfahrbar machen.
Greifbar. Die die Angst nehmen - und die der Wut, der
Trauer und dem Schmerz den Weg weisen. Die nicht allein
lassen, sondern unaufdringlich umsorgen. Die dem Sterbenden
die Würde zurückgeben - und den Trauernden
den Mut, zu überleben.
Das Kinderhospiz Sternenbrücke wird weiterhin auf
Spenden angewiesen sein. Alle Anwesenden waren sich
darüber einig, dass wir dieses einzigartige und
trotz aller Traurigkeit so wundervolle Projekt weiter
begleiten wollen! Ausführliche Informationen und
Möglichkeiten für Geld- und Sachspenden gibt
es im Internet unter www.sternenbruecke.de.
Bericht
von Corinna Kahl, Im
Endeffekt Ausgabe 3/Mai 2004·
Fotos: Corinna Kahl, Manfred Schiewe
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